Kurzes Resümee der Ausgrabung 2018 und Baubegleitung 2019, ehemals auf "Aktuelles"-Seite hinterlegt
Im Zusammenhang mit der Renovierung des historischen Gebäudes Friedrichsplatz 16 wurde das östlich anschließende Gartengrundstück bis auf Straßenniveau abgegraben, um dort eine Anwohnertiefgarage mit fünf Plätzen zu errichten. Laut der 1564 erstellten Rottweiler Pürschgerichtskarte war das Gartengrundstück zu dieser Zeit noch bebaut. Da der Lorenzort bis zur Vertreibung der Juden nach der Pest 1349 das Rottweiler Judenviertel beherbergte, galt dieser Bebauung besonderes Interesse.
Die gut sechswöchige, gemeinsam mit Tilmann Marstaller und Andreas Willmy geleitete Grabung Juli-September 2018 erbrachte spannende Befunde, wenngleich ganz anders als erwartet. So lässt sich mit Sicherheit ausschließen, dass das auf der Pürschgerichtskarte abgebildete Gebäude jemals in der Realität existierte. Stattdessen stellt das bis zur Grabung überlieferte, erhöht über Lorenz- und Kaufhausgasse liegende Gartengrundstücks letztlich eine nur wenig überformte stadtgründungszeitliche Situation dar. Die älteste Umfassungsmauer und die inneren Planierungen datieren in die erste Hälfte des 13. Jahrhunderts. Im Zuge dieser stadtgründungszeitlichen Parzellierungs- und Terrassierungsarbeiten wurde im Übrigen eine bislang unbekannte Vorgängerbesiedlung des 12. Jahrhunderts niedergelegt, zu der unter anderem ein gemauerter Brunnen gehörte, der stadtgründungszeitlich verfüllt wurde. Da die vorstädtischen Befunde und die auf deren Niederlegung zurückgehende Holkohlekonzentrationen nach Westen/oben dichter werden, erscheint denkbar, dass die schon die vorstädtische Bebauung auf die Durchgangsstraße "Friedrichsplatz" ausgerichtet war.
Letzte baubegleitende Untersuchungen erfolgten im Juli 2019 in Zusammenhang mit der Unterfangung des renovierten Wohngebäudes. Sie erbrachten interessante Details zur Baugeschichte. So ist der Vorsprung, den die Ostseite des Gebäudes in seiner Nordhälfte zeigt, lediglich eine junge Ausbesserung aus statischen Gründen und datiert wohl ins 19. Jahrhundert. Sie ersetzt ältere Anbauten an das Haus an dieser Stelle. Das Haus selbst hat einen um etwa einen halben Meter nach Westen zurückgesetzten Vorgängerbau, dessen lehmgebundenes Bruchsteinfundament formal der stadtgründungszeitlichen Umfassungsmauer um das Gartengrundstück entspricht und vermutlich in dieselbe Zeit zu datieren ist. Große Fundmengen vor allem des 17./18. Jahrhunderts erbrachte eine gemauerte Latrine, die unterhalb der backsteineingefassten neuzeitlichen Sickergrube zum Vorschein kam. Sie wurde wohl noch im ausgehenden 16. Jahrhundert errichtet, erhaltene konstruktive Hölzer sind geborgen worden und dürften eine dendrochronologische Datierung ermöglichen.