Kurzes Resümee der bisherigen Untersuchungen (Stand Oktober 2018), ehemals auf "Aktuelles"-Seite hinterlegt
Im Zusammenhang mit einer im Auftrag der Stadt Mengen durchgeführten Stadtführerschulung im Oktober 2018 Revision des historisch-archäologischen Forschungsstands zur Siedlungs- und frühen Stadtgeschichte. Der aktuelle Forschungsstand stellt sich grob wie folgt dar:
Bereits im 7. Jahrhundert lassen sich in Mengen rechts der Ablach mehrere Höfe ausmachen, die sich an der hier verlaufenden Fernstraße orientieren. Zum größeren Teil dürften diese im Jahr 819 mit der Kirche St. Cornelius und Cyprian und den Höfen links der Ablach (heute: Ennetach) von Ludwig dem Frommen an das Damenstift Buchau geschenkt worden sein. Offenbar gilt das nicht für den Hof bei St. Martin, wo über die Jahre eine eigene Pfarrei entstehen sollte. Im 11./12. Jahrhundert hat die romanische Martinskirche mit 18,50 m Länge bereits die Ausmaße einer regulären Dorfpfarrkirche - die Saalkirche mit Rechteckchor entspricht in Gestalt und Größe fast exakt der gut untersuchten Martinskirche in Kornwestheim. Spätestens in der 1. Hälfte des 12. Jahrhunderts hat Mengen rechts der Ablach nicht mehr den Charakter einer ländlichen Siedlung: die Königsstraße wird erstmals geschottert, die Siedlung wächst und füllt nun den größeren Teil der späteren Altstadt aus. Als Zentrum der frühstädtischen Entwicklung wird man den Hof an der Martinskirche ausmachen, insbesondere nach dessen mutmaßlichen Übergang an die Pfalzgrafen von Tübingen in der Mitte des 12. Jahrhunderts. Es ist noch unklar, welche Rolle in dieser Zeit das Kloster Beuron spielte, welches wohl seit dem späten 11. Jahrhundert rechts der Ablach reich begütert war. Vor allem ist unklar, ob es zwischenzeitlich Teilbefestigungen Mengens rechts der Ablach gab. Bisher sind frühstädtische Befestigungen des 12. Jahrhunderts nur im Umfeld der Martinskirche wahrscheinlich zu machen: ein ältestes Riedlinger Tor, ein später in die Stadtmauer am östlichen Stadtgraben integrierter Turm, der wohl mit dem "Wendelstein" zu identifizieren ist sowie eine frühstädtische (Wall)-Grabenanlage. Auch wenn es nach den Forschungen Helmut Maurers in Mengen offenbar keine Königspfalz gab, wird man den Hoftag Friedrich Barbarossas 1170 wohl am Hof bei der Martinskirche lokalisieren können - mit Pfalzgraf Hugo von Tübingen als Gastgeber.
In der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts scheint sich die zuvor schon weit vorangeschrittene frühstädtische Entwicklung Mengens zu verlangsamen - möglicherweise hatte die Frühstadt für die Grafen von Montfort, die inzwischen Herren über die "curia retro ecclesiam" gewesen sein dürften, nicht mehr dieselbe Bedeutung wie zuvor für die Tübinger. In der Mitte des 13. Jahrhunderts scheint dann die Stadtgründung als "Frei-Mengen" (im Gegensatz zum Mengen links der Ablach ohne städtische Freiheiten) erfolgt zu sein. Noch unklar ist, wer die Träger waren. Noch Montfort? Datiert der Erwerb Mengens durch Habsburg früher als bisher gedacht? Gab es eine unbekannte dritte Partei, die schnell wieder von der Bildfläche verschwand? Klar ist erst wieder, dass Habsburg die Stadtgründung 1276 zum Abschluss brachte, vor allem dadurch, dass das Kloster Beuron, das den Entwicklungsprozess eher behindert zu haben scheint, weitgehend aus dem umwallten Stadtbereich vertrieben werden konnte.
Entscheidend für die letztliche Deutung des frühen Stadtgründungsprozesses ist die Einordung der C14-datierten Südosterweiterung des Stadtgebiets jenseits Rosen- bzw. Fuchsstraße. Mit grob 15% gehört sie noch ins spätere 12. Jahrhundert nach 1170, rein quantitativ am wahrscheinlichsten ist eine Datierung in die erste Hälfte des 13. Jahrhunderts, doch auch die frühen 1250er liegen noch im Bereich des gut Möglichen. Man darf gespannt sein...