Kurzzusammenfassung der Untersuchungen (Stand Dezember 2020), ehemals auf "Aktuelles"-Seite hinterlegt. Forschungsstand inzwischen veraltet
An inzwischen sieben Stellen im Bereich Hauptstraße 10/12 und Wettgasse 11 konnten 2019/20 Beobachtungen zur Entwicklung der Stadtbefestigung in Bad Waldsee durchgeführt werden. So ließ sich östlich des Polizeigebäudes Hauptstraße 10, des ehemaligen Franziskanerklosters, in etwa an der vermuteten Stelle die ursprüngliche Stadtbegrenzung nachweisen, die laut schriftlicher Überlieferung ins späte 13. Jahrhundert gehört. Sie liegt fast genau in gerader Verlängerung der Südwand des Nordflügels des um 1650 errichteten Klosters. Es ist damit denkbar, dass sich der Bau hier auf die Stadtmauer stützte. Im Bereich des Neubauvorhabens Hauptstraße 10 liegt - noch undokumentiert - das Südosteck der ersten Stadtmauer. Von dort läuft sie auf der Linie eines noch auf dem Urkatasterplan verzeichneten Wegs etwa mittig in das Gebäude Spitalhof 8, das Ostgebäude des Heilig-Geist-Spitals. Dessen Ostwand spiegelt hingegen einen jüngeren Mauerverlauf, der inzwischen an zwei Stellen östlich des ehemaligen Klosters erfasst werden konnte. Was formal eine ca. 8 m außerhalb der Stadtmauer verlaufende Zwingermauer sein könnte, ist wohl besser als nach außen verlegter Stadtmauerneubau anlässlich der Niederlassung des Franziskanerklosters zu werten: Der Bau der jüngeren Stadtmauer als auch die Niederlegung der älteren datieren von Baumaterial und Beifunden klar in die frühe Neuzeit.
Bei den aktuellen Untersuchungen anlässlich der Verlegung einer Gasleitung vor Baubeginn Hauptstraße 10 wurde schließlich auch das Fundament der zur Erweiterung Wurzacher Vorstadt (schriftlich 1403) gehörigen Stadtmauer aufgedeckt, einschließlich sogar einer bauzeitlichen Pflasterung auf der innerstädtischen Seite. Auch diese Mauer wurde in diesem Bereich beim Bau des Klosters niedergelegt.
Noch ungeklärt ist ein gut 9 m östlich der klosterzeitlichen Stadtmauer auf tiefergelegenem Grund nahe des Sees gelegener Befund: ein Pfahlrost aus 30-45 Jahre alten Fichtenstämmen, der als Unterbau einer breiten Massivmauer zu deuten ist. Mehrere Pfähle wurden dem Landesamt für Denkmalpflege zur dendrochronologischen Untersuchung übergeben, die dort aber keine Datierung erbrachten. Eine C14-Untersuchung zur Unterstützung des nicht ausreichenden dendrochronologischen Befunds ist angeregt worden, scheitert bislang aber an der fehlenden Finanzierung.
Gut 200 Meter nordwestlich wurde die Stadtmauer auch im Bereich der Wettgasse untersucht, wo sie heute noch oberirdisch sichtbar ist - in einem Bereich, wo laut Urkatasterplan der im 19. Jahrhundert abgerissene Pulverturm zu suchen wäre. Dieser wurde an Ort und Stelle nicht angetroffen, man muss annehmen, dass er etwas weiter nordwestlich saß und sich - im Einklang mit der bildlichen Überlieferung - im Wesentlichen auf die Außenseite der Stadt erstreckte. Auch der Stadtmaueraufbau konnte beobachtet werden. Über einer in den Grundwasserbereich reichenden Rollierung, unter der ein Pfahlrost zu vermuten ist, ist die älteste Stadtmauer (wohl 13. Jh.), die aus großen, lehmmörtelgebundenen Wacken besteht, nur in ein bis zwei Lagen erhalten. Darüber ist sie komplett durch eine kalkmörtelgebundene Nachfolgerin ersetzt, die bereits in die frühe Neuzeit datiert. In Zusammenhang mit einem Anbau an die Stadtmauer (Haus wurde in den 1980ern abgebrochen) wurde erneut in die Stadtmauer eingegriffen, sie wurde um ca. 60-70 cm zurückversetzt und als Außenwand in das Gebäude integriert.